Kritik an deutschen Flugtauglichkeits-Kontrollen


14 Apr 2015 [14:36h]     Bookmark and Share


Kritik an deutschen Flugtauglichkeits-Kontrollen

Kritik an deutschen Flugtauglichkeits-Kontrollen


Mehrere europäische Länder verweigern Übernahme deutscher Flugtauglichkeitszeugnisse. „Report Mainz“, 14. April 2015, um 21.45 Uhr im Ersten.

Mainz – Nach dem Germanwings-Absturz gerät die Kontrolle der Flugtauglichkeit von Piloten in Deutschland auch auf europäischer
Ebene in die Kritik. Das berichtet das ARD-Politikmagazin „Report Mainz“. Der Chefmediziner der schwedischen Luftfahrtbehörde, Richard
Söderberg, weist auf fehlende Sicherheitsmechanismen in Deutschland hin. Im Interview mit „Report Mainz“ sagte er: „Mit einem System, in dem alle behandelnden Ärzte von Piloten den Behörden Bericht erstatten und diese Daten von der Behörde gebündelt werden, hätte man das Risiko eines solchen Absturzes enorm reduzieren können.“

Ein solches System existiert in Schweden. Neben den Flugmedizinern sind hier auch behandelnde Allgemeinärzte und Psychiater gesetzlich verpflichtet, der Luftfahrtbehörde zu melden, wenn sie einen Piloten für fluguntauglich halten. Der Germanwings-Pilot Andreas L. hatte
nach Erkenntnissen der Ermittler eine Krankschreibung für den Tag des Absturzes – hätte also gar nicht fliegen dürfen. Das zuständige
deutsche Luftfahrtbundesamt wusste nach eigenen Aussagen jedoch weder von dieser Krankschreibung noch von den psychischen Problemen des Piloten.

In Deutschland dürfen als einzigem Land trotz klarer EU-Vorgaben nur wenige medizinische Daten von Piloten an Behörden übermittelt
werden – und dies grundsätzlich auch nur anonymisiert, also ohne konkrete Zuordnung zu einem Namen. Als Grund hierfür werden deutsche Datenschutzregeln angeführt. Nach Recherchen von „Report Mainz“ verweigern inzwischen mehrere europäische Länder die Übernahme deutscher Flugtauglichkeitszeugnisse in ihren Zuständigkeitsbereich.

Dies kann etwa nötig werden, wenn ein deutscher Pilot für eine andere Fluggesellschaft – zum Beispiel in England – arbeiten will. Da das
deutsche Luftfahrtbundesamt keine persönlichen medizinischen Daten erfasse und daher auch nicht übermitteln könne, sei ein Transfer des Piloten nicht möglich, so die Begründung der Luftfahrtbehörden unter anderem in den Niederlanden, Belgien und England. Die dänische Luftfahrtbehörde kündigte auf Anfrage von „Report Mainz“ an, den „Transfer aus Deutschland nach dem Germanwings-Absturz zu überdenken“.

Der Präsident des Deutschen Fliegerarztverbandes, Hans-Werner Teichmüller, kündigte „Report Mainz“ gegenüber indes an, gegen die europäischen Regeln zur Datenübermittlung Klage einreichen zu wollen. „Wir sind bereit, vor den Europäischen Gerichtshof zu ziehen“, sagte Teichmüller im Interview mit „Report Mainz“. „Das geht eine Behörde nichts an, was der Pilot für eine Diagnose hat. Das geht nur mich als Arzt mit hoher Schweigepflicht und den Piloten selber etwas an“, so Teichmüller weiter.

Foto: Carstino Delmonte









  • Palma.guide