Von der kleinen Berliner Hinterhofwerkstatt zum Weltunternehmen – nur wenige Industriekonzerne können auf eine so lange Erfolgsgeschichte zurückblicken wie Siemens. Vor 160 Jahren, am 12. Oktober 1847, wurde die heutige Siemens AG als „Telegraphen-Bauanstalt von Siemens & Halske“ in Berlin eröffnet.
Innerhalb weniger Jahrzehnte entwickelte sich aus der feinmechanischen Werkstatt, die vor allem elektrische Telegrafen herstellte, einer der größten Technologie-Konzerne weltweit. Heute verbindet Siemens traditionelle Werte wie nachhaltiges unternehmerisches Handeln, konsequente Kundenorientierung und erstklassige Ingenieurleistungen mit den Anforderungen des Weltmarktes. „Siemens steht nicht nur für Wandlungskraft und Traditionsbewusstsein“, so Peter Löscher, Vorsitzender des Vorstands der Siemens AG, anlässlich des Firmenjubiläums. „Innovationen von Siemens haben die Welt verändert. Mit dieser Innovationskraft, einer langfristig orientierten Portfolio- und Finanzpolitik und dem klaren Ziel, weltweit auf dem Gebiet Corporate Governance eine Spitzenposition einzunehmen, wird Siemens auch in Zukunft profitabel wachsen.“
Bereits in der Gründungsphase basierte der Unternehmenserfolg auf zukunftsweisenden Erfindungen und einem starken internationalen Engagement. Nachdem Werner von Siemens 1866 das dynamoelektrische Prinzip entdeckt hatte, mit dem aus mechanischer Arbeit einfach und kostengünstig elektrischer Strom in großen Mengen erzeugt werden kann, waren der allgemeinen Elektrifizierung keine Grenzen mehr gesetzt. Beschleunigt durch Siemens-Innovationen vollzog sich die Entwicklung der Starkstromtechnik in einem atemberaubenden Tempo: 1879 fuhr auf der Berliner Gewerbeausstellung die erste elektrische Eisenbahn. Die erste elektrische Straßenbeleuchtung erstrahlte in der Kaisergalerie, Berlins mondäner Einkaufspassage. Im Jahr darauf wurde in Mannheim der erste elektrische Aufzug gebaut, 1881 die erste elektrische Straßenbahn der Welt in Berlin-Lichterfelde. Im Jahr 1881 errichtete Siemens das erste öffentliche Kraftwerk der Welt im südenglischen Godalming, rund 60 Kilometer südwestlich von London. Die Anlage erzeugte – übrigens gänzlich ohne den Ausstoß von Kohlendioxid, weil mit Wasserkraft aus dem Fluss Wey betrieben – Strom für die Straßenbeleuchtung und einige Gebäude. Drei Jahre später brachte Siemens auch die Berliner Prachtstraße „Unter den Linden“ zum Leuchten. Der Name „Siemens“ war zum Inbegriff für Elektrotechnik geworden. Nach dem Tod des Firmengründers setzten seine Nachfolger die vorgezeichnete Linie fort, Marktchancen ausgehend von technischen Überlegungen zu identifizieren und das Unternehmen kontinuierlich weiterzuentwickeln. Licht, Medizintechnik, drahtlose Nachrichtenübermittlung und in den 1920er Jahren Hausgeräte sind Beispiele, denen nach dem Zweiten Weltkrieg andere wie Bauelemente, Datentechnik, Automobiltechnik oder Halbleiter folgen sollten.
Den schwierigen politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nach dem ersten Weltkrieg zum Trotz gehörte Siemens bereits Mitte der 1920er Jahre wieder zu den fünf weltweit führenden Elektrokonzernen. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Januar 1933 wurde das Unternehmen – wie die gesamte deutsche Wirtschaft – in das System der „Kriegswirtschaft“ einbezogen und war zur Produktion kriegswichtiger Güter gezwungen. Durch den Einsatz von Zwangsarbeitern fiel auch auf Siemens in dieser Zeit ein dunkler Schatten. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs war ein Großteil der Berliner Siemens-Gebäude und -Werksanlagen zerstört. Etwa 80 Prozent der Firmensubstanz waren verloren – der Gesamtverlust belief sich auf 2,6 Mrd. Reichsmark. Dennoch gelang es nach 1945 erstaunlich schnell, die Funktionsfähigkeit der Traditionsfirma wiederherzustellen und eine solide Basis für die Rückkehr an die Weltmarktspitze zu schaffen. Mit Blick auf die ungewisse politische Lage Berlins wurde 1949 die Verlagerung des Firmensitzes von Siemens & Halske nach München, die des Firmensitzes der Siemens-Schuckertwerke nach Erlangen beschlossen. Berlin blieb jeweils zweiter Firmensitz.
Wiederaufbau und Aufstieg zum Weltkonzern
Während das Inlandsgeschäft langsam wieder anlief, blieb der Auslandsabsatz zunächst völlig unbedeutend. Dies sollte sich erst Mitte der 1950er Jahre ändern, nachdem es gelungen war, nicht nur die beschlagnahmten Auslandsgesellschaften, sondern auch die Besitzrechte an Patenten und Marken zurückzuerwerben. Entsprechend gelang es dem Siemens-Konzern, seine frühere Weltmarktposition bis Mitte der 1960er Jahre zurückzugewinnen.
Das Jahr 1966 setzt einen Meilenstein in der weiteren Unternehmensentwicklung: Mit dem Ziel, die unterschiedlichen Aktivitäten des Unternehmens zu bündeln, wurden die Siemens & Halske AG, die Siemens-Schuckertwerke AG und die Siemens-Reiniger-Werke AG zum 1. Oktober 1966 in der Siemens AG vereinigt. Parallel wurden Betriebsstrukturen und Organisationsformen dem gestiegenen Geschäftsumfang angepasst. Drei Jahre später trat die so genannte Grundordnung der Siemens AG in Kraft. Mit ihr wurden die zentralen Siemens-Arbeitsgebiete in sechs Unternehmensbereiche zusammengefasst. Einzelne Teilgebiete wurden in rechtlich selbstständigen Gesellschaften weitergeführt: 1967 gründete man die Bosch-Siemens Hausgeräte GmbH. 1969 führten Siemens und die AEG ihre Tätigkeiten im Kraftwerkbereich in einer gemeinsamen Tochtergesellschaft, der Kraftwerk Union AG zusammen, die 1977 vollständig von Siemens übernommen wurde. Zu diesem Zeitpunkt war das Unternehmen längst der größte private Arbeitgeber Deutschlands geworden. Die Mitarbeiterzahl überstieg 1960 erstmals 200.000, 1972 sogar 300.000. Der Umsatz kletterte von 1 Mrd. DM 1951 auf über 5 Mrd. DM 1962 und 11 Mrd. DM 1970.
Siemens im Zeitalter der Globalisierung
Ende der 1980er Jahre schuf die Siemens-Spitze die Basis, um im Zeitalter der Globalisierung erfolgreich am Markt agieren zu können: Die Unternehmensbereiche wurden in 15 marktnahe, beweglich operierende Einheiten gegliedert. Innerhalb dieser dezentralen Struktur erhielten die operativen Einheiten erheblich mehr Eigenverantwortung. Entsprechend entwickelte sich Siemens während der 1990er Jahre von einer überwiegend auf öffentliche Kunden in regulierten Märkten ausgerichteten Kultur hin zu einem im globalen Wettbewerb stehenden Unternehmen. Zur Steigerung von Effektivität und Effizienz wurden Reformkonzepte und -programme entwickelt, deren Schwerpunkte auf den drei Säulen Produktivität, Innovation und Wachstum basierten. Eine weitere Maßnahme bildete die kontinuierliche Anpassung des Geschäftsportfolios. Als größtes europäisches Unternehmen der Computer-Branche entstand 1990 die Siemens Nixdorf Informationssysteme AG, die 1999 zu großen Teilen in die Fujitsu Siemens Computers AG eingebracht wurde. In den USA übernahm Siemens 1998 zum Beispiel das fossile Kraftwerksgeschäft von Westinghouse, um die Ertragskraft des Bereichs Energieerzeugung zu stärken.
Um die Präsenz auf dem amerikanischen Markt auszubauen, folgte 2001 die Notierung der Siemens-Aktie an der New York Stock Exchange. Wurde Anfang der 1990er Jahre noch fast die Hälfte des Geschäfts in Deutschland gemacht, stieg der Anteil des internationalen Geschäfts bis ins Jahr 2006 auf knapp 80 Prozent. Heute liegen die regionalen Schwerpunkte mit knapp einem Drittel in Europa, Deutschland nicht eingerechnet, mit gut einem Viertel in Nord- und Südamerika sowie mit rund 15 Prozent im Wachstumsmarkt Asien/Pazifik.
Konsequente Ausrichtung auf Wachstumsmärkte der Zukunft
Mit der Einführung des 10-Punkte-Programmes Ende der 1990er Jahre rückte aktives Portfoliomanagement stärker in den Vordergrund. Neben dem organischen Wachstum – getrieben von der Innovationskraft des Hauses – unterstützen Firmenkäufe und -verkäufe, Neugründungen und Joint Ventures bis heute die Unternehmensstrategie und die Wachstumsziele des Hauses. Diese strategische Weiterentwicklung des Portfolios mit Blick auf Wachstumsmärkte der Zukunft hat Siemens mit dem 2005 eingeführten Arbeitsprogramm ‚Fit4 More’ weiter vorangetrieben und so die Basis für nachhaltiges und profitables Wachstum gelegt. Neben den vier Säulen Performance and Portfolio, Operational Excellence, People Excellence und Corporate Responsibility wurden die Megatrends „Urbanisierung“ und „demographischer Wandel“ als wichtige Treiber für das Geschäft von Morgen identifiziert.
Das Geschäftsportfolio hat sich demzufolge in den vergangenen Jahren erheblich gewandelt. So hat zum Beispiel das gesamte Arbeitsgebiet Bauelemente (heute: Infineon, Epcos) längst den Konzern verlassen. Große Teile der Telekommunikationstechnik wurden 2006 in das Joint Venture Nokia Siemens Networks eingebracht. Gleichzeitig hat Siemens die Felder Energie, Industrie und Gesundheitswesen durch umfangreiche Zukäufe gestärkt. Allein im Geschäftsjahr 2006 hat das Unternehmen für Firmenkäufe und Beteiligungen mehr als 6 Mrd. EUR aufgewendet. Das Nachfolgeprogramm ‚Fit4 2010’ ist die konsequente Fortsetzung dieser Strategie: Zu ‚Fit4 2010’ gehört unter anderem die gezielte Weiterentwicklung des Portfolios auf den drei Feldern Energie und Umwelt, Industrie sowie Healthcare.
Siemens wird schneller, fokussierter und weniger komplex
Im Geschäftsjahr 2007 wurde Siemens mit schweren Korruptionsvorwürfen konfrontiert. Im Zuge der Affäre kam es unter anderem zu erheblichen Veränderungen im Siemens Management. Seit Juli 2007 ist Peter Löscher Vorsitzender des Vorstands der Siemens AG. Mit ihm steht erstmals ein Nicht-Siemensianer an der Spitze des Konzerns. Mit den jüngsten Portfolioveränderungen – der Veräußerung der Siemens VDO Automotive AG an die Continental AG sowie dem Kauf des US-amerikanischen Diagnostikunternehmens Dade Behring durch Siemens Medical Solutions – unterstützt Löscher die Zielsetzungen des Arbeitsprogramms ‚Fit4 2010’. Siemens soll transparenter, weniger komplex, schneller und effizienter werden.
Bei seinem Amtsantritt Anfang Juli 2007 hatte Peter Löscher angekündigt, das Vertrauen der Öffentlichkeit in Siemens vollständig wieder herzustellen. Ein konsequenter Schritt zur Begegnung der Korruptionsvorwürfe und zur Neuausrichtung des Unternehmens ist neben der Einführung eines umfassenden Compliance-Programms das zum 1. Oktober 2007 neu geschaffene Vorstandsressort für Recht und Compliance. In diesem Zuge wurde auch eine personelle und organisatorische Neuordnung auf den Gebieten Recht und Bilanzprüfung verabschiedet.
Von 1847 bis heute: Siemens löst die Fragen der Zeit
Heute wie vor 160 Jahren drehen sich Forschung, Entwicklung und Innovationen bei Siemens um die Beantwortung der großen Fragen der jeweiligen Zeit. Innovationen von Siemens haben die Welt verändert: Von der Erfindung des Dynamos bis zur weltweit größten und effizientesten Gasturbine; von der ersten kommerziellen Glühlampe bis zur hell strahlenden weißen Leuchtdiode (LED); von den ersten elektronischen Steuerungen bis zur intelligenten Fabrik; von der ersten elektrischen Straßenbahn bis zur mehr als 500 km/h schnellen Magnetschwebebahn; von den ersten Innenaufnahmen des menschlichen Körpers bis zu Ganzkörper-3D-Scans.
Weiterführende Informationen sowie hochauflösendes Bildmaterial zu „160 Jahre Siemens“ finden Sie unter folgendem Link: www.siemens.com/presse
Die Siemens AG (Berlin und München) ist ein weltweit führendes Unternehmen der Elektronik und Elektrotechnik. 475.000 Mitarbeiter (inkl. nicht fortgeführte Aktivitäten) entwickeln und fertigen Produkte, projektieren und erstellen Systeme und Anlagen und erbringen maßgeschneiderte Dienstleistungen. In rund 190 Ländern unterstützt das vor 160 Jahren gegründete Unternehmen seine Kunden mit innovativen Techniken und umfassendem Know-how bei der Lösung ihrer geschäftlichen und technischen Aufgaben. Der Konzern ist auf den Gebieten Information and Communications, Automation and Control, Power, Transportation, Medical und Lighting tätig. Im Geschäftsjahr 2006 betrug nach U.S. GAAP der Umsatz 87,3 Mrd. EUR und der Gewinn nach Steuern 3,033 Mrd. EUR. Weitere Informationen finden Sie im Internet unter: www.siemens.com.