Schadensersatz eines Filmfondsanlegers gegen seine Hausbank


06 Jun 2008 [19:16h]     Bookmark and Share


Schadensersatz eines Filmfondsanlegers gegen seine Hausbank

Schadensersatz eines Filmfondsanlegers gegen seine Hausbank


In einem aktuellen Urteil des LG Bonn wurde die vermittelnde Volksbank verurteilt, einem Anleger der N1 European Film Produktions-GmbH & Ko KG die gesamte Investition zu erstatten. Hinzu kommt die Verpflichtung, die ausstehenden Investitionsbeträge seit Ihrer Zahlung angemessen zu verzinsen sowie die gesamten Kosten zu übernehmen.

Ein Mitverschulden des Anlegers wurde verneint, ebenso wurde klar gestellt, dass in der Vergangenheit erhaltene Steuervorteile von der Entschädigungssumme nicht abzuziehen sind. Die Klägerin nahm die beklagte Bank aus abgetretenem Recht ihres Ehemanns, der als Zeuge auftrat, auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Beratung und Rückabwicklung im Zusammenhang mit drei Beteiligungen an der N1 Eurepean Film Produktions-GmbH & Co. KG, einem geschlossenen Filmfonds, in Anspruch. Die beklagte Bank war seit fast 20 Jahren die Hausbank des Zeugen. Sie vermittelte durch ihren Mitarbeiter in der Privatkundenbetreuung zwischen 2001 und 2003 drei Beteiligungen an der Fondsgesellschaft. Im Vorfeld der Zeichnung der ersten Beteiligung wurde dem Anleger ein einseitiger Fondsüberblick sowie ein insgesamt 75 Seiten umfassender Fonds-Prospekt überreicht. In dem einseitigen Überblick ist der Punkt „Sicherheitsaspekte“ gesondert durch Markierung hervorgehoben. Der ausführliche Prospekt wurde durch die Beteiligungsgesellschaft sowohl im April 2002 als auch im März 2003, also jeweils vor der weiteren Zeichnung, aktualisiert. In dem einseitigen Überblick findet sich ein Hinweis auf eine angeblich bestehende Rahmenvereinbarung mit einem US-Filmstudio im Hinblick auf Marketing und Vertrieb der zu produzierenden Filme, so auch unter dem markierten Punkt „Sicherheitsaspekte“, etwaige Hinweise zu möglichen Ausfallrisiken bis hin zu einem möglichen Totalverlust finden sich in der einseitigen Übersicht nicht. Ebenfalls wird dort nicht erwähnt, dass der Fonds als Blind-Pool konzipiert war. Im Prospekt selbst finden sich unter dem Punkt „Wesentliche Chancen und Risiken“ ein Hinweis auf den „Blind-Pool“ – Charakter der Beteiligung, zudem wird auf den fehlenden Zweitmarkt für derartige Beteiligungen hingewiesen. Eine ausführlichere Beschreibung der Risiken der Beteiligung findet sich dann unter Punkt „Risiken der Beteiligung“. Neben einem Hinweis auf die grundsätzlich unternehmerische Natur der Beteiligung wird dort auch auf die Möglichkeit eines vollständigen Verlustes der Kommanditeinlage hingewiesen, ein Hinweis, der sich zudem schon auf der ersten Seite des Prospekts findet, zudem wiederum auf die „Blind-Pool“-Konzeption und die fehlende Fungibilität der Beteiligung. Schließlich wird auch auf das spezifisch gesellschaftsrechtliche Risiko hingewiesen, dass mögliche Ausschüttungen gem. § 172 Abs. 4 HGB zum Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung in Höhe der Einlage führen können. Ungeachtet dessen machte die Klägerin ihre Ansprüche mit der Behauptung geltend, die Anlage sei dem Zeugen trotz der konservativen Anlegerhaltung empfohlen worden. Der Zeuge sei an einer möglichst sicheren und konservativen Geldanlagemöglichkeit interessiert gewesen, da es ihm um die Altersvorsorge gegangen sei. Das Landgericht hat die Ansprüche der Klägerin als berechtigt angesehen. Zwischen dem Zedenten und der Beklagten ist ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen. Tritt ein Anlageinteressent an eine Bank oder der Anlageberater einer Bank an einen Kunden heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden, so wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs angenommen. Die sich aus diesem Beratungsvertrag ergebenden Pflichten hat die Beklagte zur Überzeugung des Gerichts in einer zum Schadensersatz verpflichtenden Weise verletzt, denn sie ist ihrer Pflicht zur anlagegerechten und anlegerbezogenen Beratung nicht hinreichend nachgekommen. Die Beklagte hat den Anleger nicht in ausreichender Weise über das mit der Beteiligung verbundene Risiko des Totalverlusts der Kommanditeinlage sowie die spezifischen rechtsformabhängigen Risiken einer Beteiligung an einer KG aufgeklärt hat. Zur Aufklärung über diese Punkte aber wäre die Beklagte verpflichtet gewesen. Das Risiko, das eingesetzte Kapital vollständig zu verlieren, ist ein für die Entscheidung über die Anlage wesentlicher Umstand, über den der Interessent insoweit transparent und eindeutig in Kenntnis zu setzen ist. Gleiches gilt für das Risiko, im Fall einer Ausschüttung aus der dann gemäß § 172 Abs. 4 HGB wieder auflebenden Haftung des Kommanditisten in Anspruch genommen zu werden. Der Emissionsprospekt selbst erfüllt nach Ansicht des Gerichts die Transparenzanforderungen im Hinblick auf das Totalverlustrisiko ebenso nicht. Selbst einen nicht zu beanstandenden Prospekt unterstellt, würde dies die Beklagte im Übrigen nicht von ihrer Aufklärungspflicht befreien. Denn ein Anleger, der im persönlichen Gespräch einen Rat sucht, ist individuell zu informieren. Er erwartet mehr als Material zur eigenen Durchsicht. Er will dieses Material in Einzelheiten und erschöpfend erläutert bekommen, um das Anlagerisiko weitgehend einschätzen zu können. Dabei verlässt er sich auf die Erfahrungen und Risikobewertungen seines Ratgebers, insbesondere darauf, von diesem einen für seine Anlageentscheidung aussagekräftigen Überblick zu erhalten. Sinn und Zweck eines derartigen Gesprächs ist es, dem Ratsuchenden eine individuelle, pointierte und gewichtete Information zu geben. Dies gilt umso mehr, wenn der bei Gelegenheit der Beratung überreichte Prospekt wegen seines Umfangs dem individuellen Informationsinteresse des Ratsuchenden nicht gerecht wird und eine laiengerechte Orientierungshilfe schon mangels übersichtlicher Gewichtung nicht bietet. Würde dem Anleger eine umfangreiche Informationsbroschüre genügen, wäre der Wunsch nach einem individuellen Beratungsgespräch überflüssig. Schließlich gilt auch zugunsten der Klägerin die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens. Dieser wird im vorliegenden Fall nicht durch gleichwertige, einen Entscheidungskonflikt begründende Handlungsalternativen die Grundlage entzogen. Anhaltspunkte dafür, dass auch bei der gebotenen Aufklärung die Beteiligung an dem Filmfonds eine für den Zedenten ernsthaft in Erwägung zu ziehende Handlungsalternative gewesen wäre, bietet der Sachverhalt nicht. Einer gesicherte Zukunftsvorsorge konnte die Beteiligung an der N1 European Filmproduktions-GmbH & Co. KG nach damaligem Entwicklungsstand nicht bieten. Der Anspruch der Klägerin ist auch der Höhe nach gerechtfertigt. Die Klägerin kann von der Beklagten verlangen, so gestellt zu werden, als wäre die streitgegenständliche Beteiligung nicht eingegangen worden. Dies beinhaltet die Rückzahlung der Beteiligungssumme und den Ersatz weiterer in der Zeit der Beteiligung entstandener Schäden. Ebenfalls muss sich die Klägerin nicht die von ihrem Ehemann erzielten Steuervorteile auf ihren Schadensersatzanspruch anrechnen lassen. Da die Anlage aus einer Beteiligung als Gesellschafter an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG besteht, muss sich der Anleger bereits erzielte Steuervorteile auf seinen Schadensersatzanspruch wegen Falschberatung nicht im Wege des Vorteilsausgleichs anrechnen lassen, da die Schadensersatzleistung einkommensteuerpflichtig ist mit der Folge, dass zuvor entstandene Steuervorteile wieder ausgeglichen werden. Der Anspruch der Klägerin ist schließlich nicht verjährt. Im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs ist hierbei insbesondere auch die Kenntnis des Schadens erforderlich. Der Zedent konnte jedoch frühestens aus dem Ausbleiben der ersten prospektierten Ausschüttung im Jahr 2005 von einem möglichen Schaden durch die Beteiligung an dem Filmfonds Kenntnis erlangen. Die Klägerin muss sich auch kein Mitverschulden entgegenhalten lassen. Dem Zedenten kann nach den vorstehenden Ausführungen nicht vorgeworfen werden, den Schaden durch unsorgfältige Lektüre des Prospektes oder Unterlassen weiterer eigener
Erkundigungen selbst mit herbeigeführt zu haben. Sinn der aus dem Beratungsvertrag folgenden, und hier verletzten Aufklärungspflichten ist es gerade, den Kunden auf Probleme aufmerksam zu machen, damit dieser weiter nachfragen oder sich erkundigen kann. Hierzu ist er jedoch durch das Verhalten der Beklagten nicht in die Lage versetzt worden.









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