In der weltweit größten Studie ihrer Art bezogen mehr als 1.100 Vorstandsvorsitzende aus 40 Ländern und 32 Branchen in persönlichen Interviews Stellung zu ihren aktuellen Herausforderungen.
Die seit 2004 alle zwei Jahre durchgeführte IBM Global CEO Study „The Enterprise of the Future“ hat sich als Seismograph aktueller wirtschaftlicher Tendenzen etabliert. Zentrale Erkenntnis der diesjährigen Studie ist der dramatische Anstieg jener CEOs (Chief Executive Officers), die mehr denn je mit massiven Änderungen in der Zukunft rechnen. Ein weiteres Ergebnis: Laut Studie sind diejenigen Unternehmen am erfolgreichsten, die eine hohe Veränderungsbereitschaft aufweisen und in der Lage sind, diese Veränderungen auch zu managen. Genau diese Fähigkeit vertieft gleichzeitig die Gräben zwischen Unternehmen, die entweder zu den Gewinnern oder Verlierern einer globalisierten Wirtschaft gehören. Die Ergebnisse der Antworten von 75 befragten deutschen Unternehmen weisen vor allem in zwei Bereichen deutliche Unterschiede auf: Sie erwarten weniger Veränderungen (75 Prozent gegenüber 83 Prozent weltweit) und haben eine deutlich höhere Investitionsbereitschaft in Bezug auf die neuen Märkte (Anstieg um 33 Prozent gegenüber 19 Prozent weltweit).
Insgesamt erwarten 83 Prozent der befragten CEOs substanzielle Veränderungen in der Zukunft – ein dramatischer Anstieg um 28 Prozent in nur zwei Jahren. Doch diese erwarteten Veränderungen schüren nicht unbedingt Ängste: Fast alle befragten CEOs sind überraschend optimistisch, dass sich mit dem Wandel auch neue Chancen ergeben. Trotz optimistischer Stimmung gelingt es nur wenigen CEOs, diese Veränderungen auch erfolgreich zu managen: Die CEOs schätzen ihre Fähigkeit mit Veränderungen umzugehen 22 Prozent niedriger ein als die Notwenigkeit zur Veränderung. Dieses Ergebnis bedeutet eine Verdreifachung des „Change-Gap“, der Umsetzungslücke bei größeren Veränderungen, die zum ersten Mal 2006 in der letzten CEO-Studie diagnostiziert wurde. Bei deutschen Unternehmen beträgt dieser „Change-Gap“ dagegen lediglich 13 Prozent. Dies liegt vor allem daran, dass deutsche CEOs weniger Veränderungen in Zukunft auf sich zukommen sehen als die Befragten weltweit – 75 Prozent gegenüber 83 Prozent.
Befragt nach den größten Herausforderungen, die sie im Auge behalten müssen nannten die CEOs die allgemeinen globalen Marktfaktoren (48 Prozent), die passenden Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter (48 Prozent) und die technologischen Entwicklungen(35 Prozent). Etwas anders sieht es bei deutschen CEOs aus: Für sie spielen die globalen Marktfaktoren mit 57 Prozent eine wesentlich größere Rolle, gefolgt von staatlichen Regulierungen (43 Prozent), erst dann kommen die Fähigkeiten der Mitarbeiter (45 Prozent).
Die Ursache für den großen Veränderungsbedarf sehen die CEOs vor allem in ihrem eigenen Kundenstamm. Dabei haben sich zwei Kundenklassen herauskristallisiert: der „wissenshungrige Konsument“ und der sozial gesinnte Kunde. CEOs planen im Hinblick auf diese beiden Kundengruppen die höchsten Investments – mit dem Ziel, deren Bedürfnissen künftig besser zu entsprechen.
„Für das Unternehmen der Zukunft wird der Wandel zum permanenten Zustand“, sagt Matthias Hartmann, Geschäftsführer IBM Deutschland GmbH und Leiter der Unternehmensberatung IBM Global Business Services. „Diejenigen CEOs, die die Fähigkeit besitzen, auch große Veränderungen erfolgreich zu vollziehen, haben einen Wettbewerbsvorsprung. Ihnen fällt es leichter, neue Märkte und Kundengruppen zu erschließen und die Vorteile globaler Integration zu nutzen. “
Das Zeitalter des „wissenshungrigen Konsumenten“
Der „wissenshungrige Konsument“ sucht umfassend nach allen Informationen und teilt häufig seine Meinung und seine Erwartungen anderen über das Internet mit. Dieser neue Kundentyp tauscht seine passive Rolle gegen ein wesentlich stärkeres Engagement ein. Konsumenten werden damit gleichsam zu Produzenten, die innerhalb ihrer Peer-Groups oft eigene Unterhaltung und Werbung gestalten. Gleichzeitig verlangen sie mehr Flexibilität und schnellere Reaktionszeiten von den Unternehmen, mit denen sie Geschäfte machen wollen. Obwohl damit ihre Ansprüche massiv gewachsen sind, werden sie von den CEOs nicht als Bedrohung wahrgenommen, sondern – sofern ihre Unternehmen den hohen Erwartungen dieser Gruppe entsprechen – vielmehr als Chance zur Differenzierung begriffen.
Insgesamt planen 22 Prozent der CEOs ihre Investitionen in den nächsten drei Jahren zu erhöhen, um diese anspruchsvolle Kundenklientel besser zu erreichen. Diese Investitionsneigung ist noch ausgeprägter bei finanzstarken Outperformern. CEOs mit höheren Umsatzrenditen gehen davon aus, dass sie innerhalb der nächsten drei Jahre ihre Investitionen sogar um 36 Prozent erhöhen werden, um die Zielgruppe der „wissenshungrigen Konsumenten“ optimal anzusprechen. Der Löwenanteil dieser zusätzlichen Investitionen wird in eine bessere operationale Ausstattung fließen, um den Austausch mit diesen Kunden zu verbessern, Produktinnovationen voranzutreiben und damit mehr Transparenz und eine exaktere Ausrichtung auf bestimmte Marktsegmente zu erzielen.
Die Studie belegt weiterhin, dass der Einfluss dieser „wissenshungrigen Konsumenten“ in jeder größeren Wirtschaftsregion dieser Welt zusätzliche Investitionen provoziert. In Europa sind dies durchschnittlich 23 Prozent, 20 Prozent mehr als noch vor drei Jahren. In Nordamerika 19 Prozent, 27 Prozent mehr als vor Dreijahresfrist, im asiatisch-pazifischen Raum 16 Prozent, ein Anstieg um 20 Prozent, in Lateinamerika 16 Prozent, 18 Prozent mehr als vor drei Jahren.
Das Zeitalter des sozial gesinnten Kunden
CEOs sind der einhelligen Meinung, dass die Kundenerwartungen in Richtung Corporate Social Responsibility (CSR) weiter wachsen und zukünftig ebenfalls eine wichtige Rolle als Unterscheidungsmerkmal im Wettbewerb um den Kunden spielen werden. Immer mehr Kunden interessieren sich für das soziale Profil eines Unternehmens und verlangen auch nach moralischen und sozialen Gesichtspunkten einwandfreie Produkte, Services und Lieferketten. Diese soziale Komponente bei den Verbrauchern ist nicht eigentlich neu. Neu ist hingegen die Tatsache, dass das soziale Profil nun offensichtlich auch Kauf entscheidend ist. Um diesem Trend zu entsprechen, wollen die CEOs ihre Investitionen in diesem Bereich in den kommenden drei Jahren um 25 Prozent erhöhen. Dies ist die höchste Steigerungsquote aller in der Studie identifizierten Trends.
Obwohl sich die Auseinandersetzung der CEOs mit Umweltschutzbelangen in den vergangenen vier Jahren weltweit verdoppelt hat, gibt es geographische Unterschiede in der Wahrnehmung: CEOs im asiatisch-pazifischen Raum und in Europa kümmern sich stärker um das Thema, gefolgt von CEOs vom amerikanischen Kontinent. Bei deutschen CEOs ist Corporate Social Responsibility schon seit längerem an der Tagesordnung. Die Absicht, hierfür mehr Geld auszugeben, ist deshalb mit lediglich sechs Prozent wesentlich niedriger als im weltweiten Vergleich (25 Prozent).
Hinzu kommt: Das Thema wird auch wichtiger bei der Gewinnung von Mitarbeitern. Denn auch die Mitarbeiter erkennen immer stärker an, dass – gemeinsam mit dem öffentlichen Sektor – die Privatwirtschaft verantwortlich ist für das sozio-ökonomische Wohlergehen in den Regionen, in denen sie agieren. Auch hier sehen die CEOs Wettbewerbsvorteile für ihr eigenes Unternehmen, wenn sie sich sozial verantwortungsbewusst verhalten.
Globale Integration
Die Studie ergab, dass die fundamentalen Verschiebungen in den Erwartungshaltungen der Kunden und die zunehmende Kaufkraft der Menschen in den so genannten Emerging Markets Hauptursachen für die Veränderungen der Geschäftsmodelle von Unternehmen weltweit sind. Um der wachsenden Kaufkraft der Verbraucher in den Emerging Markets gerecht zu werden, wollen CEOs hierfür weltweit mehr als ein Viertel ihrer jährlichen Investitionen bereitstellen. Gegenüber den Ergebnissen der Studie aus dem Jahr 2006 nimmt die Investitionsbereitschaft der Unternehmenslenker damit um 19 Prozent zu. Die Bereitschaft der deutschen CEOs, hier zu investieren steigt sogar um 33 Prozent. CEOs planen darüber hinaus massive Änderungen in ihren Geschäftsstrukturen, um die schnellere und intensivere Zusammenarbeit im weltweiten Verbund zu erleichtern und einen schnellen Umbau des Unternehmens zu gewährleisten, wenn sich neue Geschäftschancen ergeben.
Auch Geschäftsmodell-Innovationen (Änderungen im Unternehmensmodell, im Umsatzmodell oder im Branchenmodell) spielen eine große Rolle: Die meisten CEOs beschäftigen sich damit, wobei die so genannten Outperformer noch sehr viel weiter reichende Innovationen verfolgen als ihre weniger erfolgreichen Mitbewerber. Solche Geschäftsmodell-Innovation spielt für deutsche CEOs eine eher geringere Rolle (58 Prozent) als für die Summe aller befragten Unternehmenslenker (69 Prozent). Weltweit sehen CEOs vor allem beim Thema „Veränderung des Unternehmensmodells“ Innovationspotential. Dabei geht es vor allem um Spezialisierung und die Umstrukturierung des Unternehmens im Hinblick darauf, welche Aufgaben im eigenen Unternehmen und welche in Zusammenarbeit mit externen Partnern erledigt werden. 39 Prozent der weltweit befragten CEOs sehen hier zusätzliches Potential, in Deutschland allerdings nur 24 Prozent. Deutsche Unternehmen wollen sich dagegen stärker auf das Thema Umsatzmodell-Innovation konzentrieren – 28 Prozent der befragten CEOs in Deutschland gegenüber 23 Prozent der CEOs weltweit. Dabei steht eine Veränderung der Art und Weise der Umsatzgenerierung durch neue Wertbeiträge und neue Preismodelle im Fokus.
86 Prozent der befragten CEOs planen darüber hinaus tief greifende Veränderungen bei dem, was wirklich erfolgreiche Unternehmen ausmacht: die Zusammenstellung ihres Wissens- und Asset-Portfolios. CEOs wollen sorgfältig an der Kalibrierung ihrer Geschäftsstrukturen arbeiten und nach den Prinzipien globaler Integration vorgehen – zu der unter anderem die weltweite Suche nach Expertise und relevanten Assets gehört. Um dabei gleichzeitig von den Vorteilen der globalen Integration zu profitieren, beabsichtigen 75 Prozent der CEOs, aktiv in neue Märkte zu gehen, und 85 Prozent, durch entsprechende Partnerschaften besser von den neuen globalen Möglichkeiten zu profitieren. Auch Zusammenschlüsse und Firmenübernahmen werden weiterhin eine hohe Bedeutung haben.
Über die Global CEO Study
Die Ergebnisse der Studie beruhen auf Interviews, die Ende 2007/Anfang 2008 von IBM durchgeführt wurden. Befragt wurden 1130 CEOs, Vorstandsvorsitzende, Vorsitzende der Geschäftsführung und Leiter öffentlicher Verwaltungen aus 40 Ländern. Die überwiegende Mehrzahl der Interviews wurde persönlich von IBM Mitarbeitern geleitet, der geringere Teil über das Telefon in Zusammenarbeit mit The Economist Intelligence Unit (EIU) durchgeführt. 19 Prozent der befragten Unternehmen beschäftigen mehr als 50.000 Mitarbeiter während 22 Prozent weniger als 1000 Mitarbeiter zählen. Die Studie wird im zweijährigen Rhythmus durchgeführt.
Die Studie steht zum Download bereit unter: www.ibm.com/services/de/bcs/html/ceostudy.html
Über IBM
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Weitere Informationen über IBM Global Business Services finden Sie unter http://www.ibm.com/services/bcs/de.