Allein die Adresse ist ein Klassiker: Nürnberger Straße 50-55. Hier tanzte in den Zwanziger und Dreißiger Jahren alles, was in Berlin Rang und Name
n hatte: in dem berühmten Ballsaal „Femina“, mit Tischtelefonen und Saalrohrpost, während eine Dachhydraulikanlage sogar „Tanzen unter freiem Himmel“ ermöglichte. Nach dem Krieg trafen sich die Jazzfreunde dort in ihrer „Badewanne“, dem angesagtesten Jazzclub der Stadt. In den Siebziger Jahren stand die Adresse dann für die absolute In-Diskothek „Dschungel“, in der Stars wie Frank Zappa, David Bowie, Carlos Santana, Iggy Pop oder Barbra Streisand die Nächte durchfeierten.
DAS KONZEPT
Monatelang wurde hinter der 185 Meter langen Fassade kräftig umgebaut, damit im März 2007 dort ein neuer Lifestyle-Treff seine Pforten öffnen konnte: das ELLINGTON HOTEL BERLIN. Ein Design-Hotel, durchgestylt von den Turm Suiten und Blick auf die Gedächtniskirche über die Lounge mit stilvoll gestalteten Innenhof bis hin zum Femina-Saal. Klare Linien ziehen sich durch das gesamte zeitlose und lässig-elegante Design des Hotels, das mit seinem stilvollen Ambiente echte Wohlfühlatmosphäre bietet. Ob das die Lounge ist, die die Lobby mit dem Frühstücksbereich und dem Restaurant „Duke“ verbindet, im Fitnessbereich im Untergeschoss mit Anbindung an den Innenhof oder an der raffinierten Bar, die aus dem Restaurant in die Hotelhalle herausragt und so eine auffällige Verbindung darstellt. Gedämpftes Licht, eine Showküche mit internationaler Crossover-Cuisine, ausgefallene Cocktails – all das macht den neuen Lifestyle-Treff an der Nürnberger Straße aus. Unterstützt wird dieses Konzept mit der Ansiedlung von acht Geschäften, von denen einige wie das Restaurant eine Verbindung von der Nürnberger Straße zum Hotel haben. „Die neuangesiedelten Geschäfte passen perfekt in das Projekt. Wir haben Mieter gefunden, die sich so mit dem Objekt identifizieren, dass sie genau die richtigen fürs ELLINGTON sind“, berichtet Bauherr Julian Streletzki.
In den 285 Zimmern setzt sich das Design-Konzept fort. Und um das gute Preis-Leistungsverhältnis anbieten zu können, gibt es Zimmer in unterschiedlichen Kategorien. Das reicht vom einfachen Einzel- oder Doppelzimmer bis hin zu den beiden Turm Suiten mit einzigartigem Ausblick auf den Tauentzien und die Gedächtniskirche. Das ELLINGTON wäre kein Hotel der Streletzki-Gruppe, wenn es nicht auch einen großen Veranstaltungsbereich geben würde. Bis zu 800 Personen finden in den sechs Veranstaltungsräumen Platz. Prunkstück ist der Femina-Saal mit 634 Quadratmetern und Platz für bis zu 600 Personen.
Ermöglicht wurde das Projekt ELLINGTON HOTEL an der Nürnberger Straße durch die gelungene Kooperation von der Streletzki-Gruppe mit der IDEAL Lebensversicherung a.G. „Eine perfekte Zusammenarbeit, wie man sie sich besser nicht wünschen kann“, resümieren die Streletzkis – Ekkehard Streletzki und sein Sohn Julian – unisono. Rainer M. Jacobus, Vorstandsvorsitzender der IDEAL Lebensversicherung a.G., betont die Bedeutung des Hotelbaus für die Belebung der Nürnberger Straße: „Mit der Eröffnung des ELLINGTON HOTELS haben wir nicht nur die Attraktivität des Straßenzuges gesteigert, sondern auch die des gesamten Gebietes rund um den Tauentzien. Wir gehen davon aus, mit der Mehrheitsbeteiligung an der Grundstücksgesellschaft ein erfolgreiches Investment getätigt zu haben.“
Auch wenn man von außen keinen Unterschied bemerkt, so wurde nicht der gesamte Komplex zum Hotel umgebaut. Hinter 25 Metern der Fassade setzt das Bekleidungshaus Peek & Cloppenburg seine Verkaufsräume fort. Denn der Charakter des Hauses, das im Stil der Neuen Sachlichkeit errichtet wurde und in dem noch sehr viel an den Glanz und Glamour der Vergangenheit erinnert, ist trotz des Umbaus komplett erhalten geblieben. Allein die mit Travertin verkleidete Natursteinfassade, die auffälligen Messingrahmen der hohen Schaufenster, die abgerundeten Erkerecken und die horizontal gezogenen Linien entlang der außergewöhnlichen Fassade machen das Haus zu einem echten Blickfang. Und auch im Inneren ist Vieles – trotz der langjährigen Nutzung als Sitz der Berliner Senatsfinanzverwaltung als reines Bürogebäude – erhalten geblieben, was an die Zeit der Goldenen Zwanziger erinnert. Zum Teil intakt ist zum Beispiel noch das Original-Foyer mit den hohen in Messing eingefassten Glastüren und an den Wänden erinnern noch cremeweiße Keramikkacheln mit zarten grünen Linien an den Zauber von einst. Auffällig ist ebenfalls das Haupttreppenhaus mit seinen massiven Steinstufen und dem aufwändig geformten Handlauf aus Keramik.
Um diesen architektonischen Schatz haben sich in den vergangenen Monaten die Architekten Johannes Reuter & Wencke Katharina Schoger sowie Luigi Lanzi bemüht und eine Mischung gefunden, die alte Bausubstanz mit modernem Stil und eleganten Farben zu kombinieren. Während der Umbauarbeiten stand neben dem Denkmalsschutz natürlich auch besonders die Sicherheit der Gäste im Vordergrund: Die wohl spektakulärste und sicherlich auch aufwändigste Maßnahme während der Umbauarbeiten waren die Brandschutzveränderungen in dem gesamten Gebäudekomplex. Tonnen von Brandschutzmaterial mussten verwendet werden, um der neuen Bauordnung und somit der Sicherheit der Gäste gerecht zu werden. „Insbesondere die Decken entsprachen überhaupt nicht der modernen Brandschutzverordnung. Deswegen wurde jede einzelne Decke komplett verändert und verdichtet“, erzählt Julian Streletzki. Vor allem im Keller mussten unzählige Rohre und Leitungen entfernt und komplett erneuert werden. Nach dem aufwändigen Umbau sind sich aber nun die Bauherren und natürlich Direktorin Tina Palmowski einig: Mit dem ELLINGTON hat Berlin ein ganz besonderes Hotel gewonnen. Ein Hotel, das es so in der Hauptstadt noch nicht gibt und das nicht nur architektonisch ein echtes Highlight ist.
ELLINGTON HOTEL BERLIN
ZAHLEN, DATEN, FAKTEN
Hotel-Eröffnung: März 2007
Architekt: Johannes Reuter
Innenarchitekten: Wencke Katharina Schoger, Luigi Lanzi
Bauherren: IDEAL Lebensversicherung
a.G. und Ekkehard Streletzki
Geschäftsführung: Guido Fronert und Thomas Brückner
Direktorin: Tina Palmowski
Mitarbeiter: rd. 92 Festangestellte,
zusätzlich Fremdfirmen
Gesamtnutzfläche: 19.710 m²
Hotelnutzfläche: 10.273 m²
Investitionsvolumen: 40 Millionen Euro
Fassadenlänge: 185 Meter
Zimmer: 285 Zimmer und Suiten
Geschäfte: 7
ZIMMERAUSSTATTUNG
– individuell regelbare Klimaanlage
– Minibar
– Direktwahltelefon
– TV
– Highspeed-Internetzugang
TAGUNGSRÄUME
– sechs Veranstaltungsräume von 33 bis 634 m² Fläche für bis zu 800 Personen
– Tageslicht
– modernste Tagungstechnik in allen Veranstaltungsräumen
– W-LAN
– Klimaanlage
SONSTIGES
– Top-City-Lage
– barrierefreie Zimmer
– Familienzimmer
– 50 Parkplätze
– Frühstücksrestaurant
– Restaurant DUKE mit offener Showküche und Bar
– Lounge
– Innenhof zur Entspannung und exklusiv für Events nutzbar
– moderner Fitnessbereich
– Concierge-Service
– Ladenzeile mit exklusiven Geschäften
– kostenfreie Busparkplätze in unmittelbarer Umgebung
ELLINGTON HOTEL BERLIN
EKKEHARD UND JULIAN STRELETZKI
Sie haben schon viele Projekte zusammen realisiert, doch mit dem ELLINGTON HOTEL BERLIN haben sich Ekkehard und Julian Streletzki einen gemeinsamen Traum erfüllt. Nach dem Erfolg des Estrel Berlin, Deutschlands größtem Convention-, Entertainment- & Hotel-Komplex, wollte Eigentümer Ekkehard Streletzki stets einen weiteren Coup in der Berliner Hotel-Szene landen. Sichtlich stolz macht es den Unternehmer, dass dies in Zusammenarbeit und unter der Federführung seines ältesten Sohns Julian geschehen ist.
„Mit dem ELLINGTON HOTEL haben wir ein modernes Hotel in absoluter Top-Lage und das in einem Marktsegment, das in Berlin in dieser Qualität völlig unterrepräsentiert ist, geschaffen“, sagt Ekkehard Streletzki. 1997 hat er den großen Komplex an der Nürnberger Straße gekauft und dass die ursprünglichen Pläne, dort ein Fünf-Sterne-Hotel zu errichten, geplatzt sind, darüber ist Streletzki senior heute nicht mehr traurig. „Berlin braucht kein weiteres Fünf-Sterne-Haus. Mit dem ELLINGTON-Konzept treffen wir genau den Zeitgeist.“ Das heißt: modernstes Design, Lifestyle-Geschäfte sowie ein Restaurant mit integrierter Bar, und das zu einem fairen Preis, den man in der Nähe des Kurfürstendamms nicht unbedingt erwartet.
Viel Herzblut hat auch Julian Streletzki, der seit dem Kauf des Komplexes an der Umsetzung zu einem Hotel beteiligt ist, in dieses Projekt investiert, „Dieses Hotel ist mit so viel Liebe entstanden, wir haben an vielen kleinen Details gearbeitet, um einen ganz besonderen Stil zu entwickeln“, schwärmt er. Und dabei handelt es sich beim ELLINGTON HOTEL nicht um ein kleines 30-Zimmer-Boutique-Hotel, sondern um ein 285-Zimmer-Haus mit großem Veranstaltungsbereich. Die gelungene Mischung aus alter Architektur im Stil der Neuen Sachlichkeit und zeitgemäßem Design „lassen das Hotel an sich schon zu einer Attraktion werden“. Damit führen die Streletzkis den historischen Bau auch wieder seiner ursprünglichen Bestimmung zu. „Dieses Haus war immer schon ein Ort zum Ausgehen, zum Feiern und für besondere Events“, so Julian Streletzki, der aus der Nürnberger Straße wieder eine Top-Adresse machen möchte. Den Wahlspruch seines Vaters, „Man muss immer ein wenig kreativer sein als andere und immer wieder auch etwas Innovatives wagen“, hat sich auch Julian Streletzki zu Eigen gemacht. Denn mehr als einmal ist Streletzki senior ein Wagnis eingegangen und ist seinen Visionen gefolgt. Der Ursprung lag in der Baubranche, in die der im Jahr 1940 geborene Unternehmer einstieg. Spannende Projekte wie etwa der Bau energiesparender Blockheizkraftwerke, die Umsetzung eines umweltfreundlichen Ziegelwerks in Moskau, die Realisierung einer Straßenbahnteststrecke in Mittenwalde oder eines Biokraftwerks in Zittau folgten. Doch die sicherlich spektakulärste Vision ließ Streletzki ins Hotelfach wechseln, wo er mit dem Estrel Berlin einen besonderen Erfolg erzielt hat. Schließlich ist das Estrel seit dem Jahr 2000 das umsatzstärkste Hotel in Deutschland – für diesen Erfolg und für das Konzept wurde Streletzki als „Hotelier des Jahres“ ausgezeichnet. Darüber hinaus bekam er im Jahr 2005 für sein berufliches Lebenswerk, sein soziales Engagement und sein Wirken für Berlin das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen.
An vielen der Projekte war auch Julian Streletzki bereits beteiligt, der seit 1989 in Berlin lebt und unmittelbar nach dem Abitur begann, seinem Vater „über die Schulter zu schauen“. Daraus entwickelte sich ein gutes Team, das sich die Aufgaben teilt und hervorragend ergänzt. Mit seiner eigenen Firma ist Julian Streletzki heute für die Immobilien und die neu geplanten Projekte seines Vaters, zu denen auch das ELLINGTON HOTEL BERLIN zählt, verantwortlich und soll langfristig die Geschäfte vollständig übernehmen.
ELLINGTON HOTEL BERLIN
RAINER M. JACOBUS
Als Vorstandschef der IDEAL Lebensversicherung a.G. ist es Rainer M. Jacobus gewöhnt, in größeren Zusammenhängen zu denken und strategische Zukunftsentscheidungen zu treffen. Dazu gehört auch immer ein ausgeprägtes Vorstellungsvermögen, wie die zu entwickelnden Projekte eines Tages tatsächlich aussehen werden. Diese Gabe kam ihm auch bei der Entscheidung zur Mehrheitsbeteiligung an der Grundstücksgesellschaft in der Nürnberger Straße zu Gute. „Dass aus dem Gebäude der ehemaligen Senatsfinanzverwaltung nun ein so wundervolles Hotel entstanden ist, freut mich sehr“, begeistert sich Jacobus für das ELLINGTON HOTEL. Und lobt den Partner der IDEAL: „Die Zusammenarbeit mit der Streletzki-Gruppe ist wirklich ideal. Mit dem Betreiber des größten und umsatzstärksten Hotels in Deutschland konnten wir gar keinen besseren Partner finden.“
Im Hauptgeschäft bietet die IDEAL Lebens-, Unfall- und Schadenversicherungen für Personen ab 50 Jahren an. Bereits 1913 wurde der Vorläufer der IDEAL in Berlin gegründet. Seit dem Antritt von Jacobus als Vorstand im Jahr 2001 werden nur noch Versicherungen für ältere Menschen verkauft, „die einzige wirklich wachsende Zielgruppe, die es im Versicherungsmarkt noch gibt“. Wie erfolgreich diese Strategie ist, lässt sich leicht an dem rasanten Wachstum von Beitragseinnahmen und Neugeschäftszahlen der letzten fünf Jahre erkennen. Vor seinem Einstieg bei der IDEAL hat Rainer M. Jacobus zahlreiche Erfahrungen in der Versicherungsbranche gesammelt. So war er etwa Vorstand des Maklerverbundes CHARTA Börse für Versicherungen AG in Düsseldorf und des auf Lebensversicherungen spezialisierten Software- und Beratungsunternehmens COR AG in Stuttgart.
ELLINGTON HOTEL BERLIN
HISTORIE
Hier spielten Louis Armstrong, Ella Fitzgerald und Duke Ellington in der legendären „Badewanne“, hier feierten David Bowie, Romy Haag und Lou Reed im nicht minder legendären „Dschungel“, hier standen alte Ufa-Helden und spätere Fernsehstars wie Günter Pfitzmann und Edith Hancke auf der Bühne des „Berliner Theaters“ – es ist ein Haus mit großer Tradition, das zum ELLINGTON HOTEL umgestaltet wurde.
Berlins neues Design-Hotel hat eine renommierte Adresse bezogen, die zudem in jedem Berliner Architekturführer steht. Denn das „Haus Nürnberg“, wie es ursprünglich hieß, ist geschmückt mit einer der längsten, auffälligsten und vielleicht auch einer der schönsten Fassaden Berlins: Über dem durchgehenden Ladengeschoss belichten lang gestreckte Fensterbänder die vier Obergeschosse. Die Wandflächen sind mit noblem Travertin verkleidet, gerahmt werden sie durch schmale Bänder aus dunklem Backstein unter- und oberhalb der stark profilierten Fenster. Gegliedert wird die 185 Meter lange, in mehreren Bauabschnitten entstandene und daher nicht ganz einheitliche Fassade durch Treppenhaustürme und Erker. Die Fensterbänder schmiegen sich um ihre abgerundeten Ecken, wodurch die elegante Fassade sehr dynamisch wirkt. Die beiden Treppenhaustürme stoßen über die Traufkante des Flachdachs. Die Hauseingänge und die Schaufenster der Ladenfront sind in Messing gefasst – auch das trägt zum vornehmen Äußeren dieses Geschäftshauses bei, das 1928-31 unter dem Eindruck der bahnbrechenden Bauten des Berliner Architekten Erich Mendelsohn entstand.
Entworfen wurde das Haus Nürnberg, auch Tauentzien- oder Femina-Palast genannt, von einem damals sehr erfolgreichen Architekten-Team: Richard Bielenberg und Josef Moser. In ihrem Büro in der Charlottenburger Fasanenstraße hatten sie seit 1905 bereits zahlreiche Geschäfts- und Bürohäuser geplant: darunter den Hauptsitz der Disconto-Gesellschaft (dem Vorgänger der Deutschen Bank) Unter den Linden, in dem heute die Deutsche Guggenheim untergebracht ist; den Erweiterungsbau des Zollernhofs, heute ZDF-Hauptstadtstudio, und den Sitz des A. Schaaffhausen’scher Bankverein in der Behrenstraße, heute Sitz der Bayerischen Landesvertretung in Berlin.
Aber nicht nur wegen der weitgehend original erhaltenen Fassade steht das Domizil des ELLINGTON HOTELS unter Denkmalschutz. Auch im Inneren hat sich in den Eingangsräumen, den Treppenhäusern und einigen Sälen der Charme der späten Zwanziger und frühen Dreißiger Jahre erhalten: in weißen und grünen Wandkacheln, Treppenhandläufen aus Messing, Stuckornamenten an den Decken, vergoldeten Schriftzügen an den Wänden. Der Bauherr, die Märkische Bau- und Grundstücksverwertung-AG, scheute weder Mühen noch Kosten. Eine „riesenhafte Kapital-Attraktion“ nannte die Zeitschrift „Deutsche Bauhütte“ 1932 den Femina-Palast, den sie der deutschen Architektenschaft als die „neueste Vergnügungsstätte in Berlin“ vorstellte. Dabei bezog sich dies nur auf einen Teil des Gebäudes, nämlich das Erdgeschoss des Bauteils zur Lietzenburger Straße hin mit dem rückwärtigen zweigeschossigen Ballhaus. In den vier Obergeschossen des Vorderhauses dürfte sich das Vergnügen in diesen wirtschaftlich so turbulenten Zeiten in Grenzen gehalten haben: Sie wurden als Büros vermietet.
Die innere Gliederung des Stahlskelettbaus war mittels Leichtsteinwänden flexibel der Nachfrage der Mieter anzupassen: Ein Büroraum von etwa 100 Quadratmetern im zweiten Stock kostete 1932 „inklusive Heizung“ 270 Reichsmark im Monat; ein „kleines Einzelbüro mit Warteraum“ war ab 56 Reichsmark Monatsmiete zu haben. 1938 bezog die Reichsmonopolverwaltung für Branntwein die Büros. (1919 hatte sich das Deutsche Reich per Gesetz verschiedene Monopole über die Kontrolle, die Reinigung und den Handel mit aus Getreide und Kartoffeln gebranntem Rohalkohol und den Vertrieb einfacher Trinkbranntweine gesichert. Die Nachfolgebehörde, die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein in Offenbach/Main, betreut noch heute rund 24.000 Brennereien!)
Doch nun hinein ins Vergnügen: Am 1. Oktober 1929 wurde die „Femina“ feierlich eröffnet: „Das Ballhaus Berlins“ lautete die selbstbewusste Unterzeile auf den Plakaten, die mit 2.000 Sitzplätzen, „zwei Riesenbars und drei Kapellen“, „täglich Tanz-Tee. Gedeck M 2,50“ und „Tanz-Attraktionen“ warben. Es war ein mutiges Unterfangen, auf das sich der umtriebige Hotelier und Gastronom Heinrich Liemann einließ, wetteiferten doch rings um die Gedächtniskirche eine ganze Reihe von Vergnügungsstätten um die Gunst der tanzfreudigen Berliner. Entsprechend musste man auf die Pauke hauen: „Durch ein Marmor-Vestibül und einen zweiten Vorraum betritt man eine Herrenbar, in der Stimmungssänger und -sängerinnen sich hören lassen. Von den Garderoben für mehr als 2.000 Personen fährt ein Fahrstuhl, der gleichzeitig 16 Personen befördert, die Gäste in die Tanzbar des ersten Stocks, wo zwanzig junge Damen bedienen und ein allererstes Tanzorchester spielt. Gegenüber dieser Bar ist der Haupt-Tanzsaal, der in zwei Rängen bis zum Dach ansteigt. Tischtelephone gibt’s und eine Rohrpost mit Zentrale, von der aus junge Mädchen in Uniform die Briefchen austragen. Die Tanzfläche kann ganz oder teilweise um einen halben Meter erhöht werden, um die Darbietungen allgemein sichtbar zu machen. Elegante Tanzpaare, Grotesk-Tänzer und vollständige Ballette werden nachmittags und abends sich dort zeigen. Erste Kapellen sind verpflichtet. Allermodernste Beleuchtung taucht den Saal in blendendes Licht. Getränke und Speisen werden zu Preisen, die jeder Börse Rechnung tragen, serviert!“
Ganz billig war das Abendvergnügen nicht. Im Parkett kostete die billigste Flasche Wein 5 Mark, Bier wurde nur auf dem Rang serviert, hinzu kam eine Mark Eintritt. Nachmittags dagegen konnte man sich ab halb fünf für 2,50 Mark (für ein „komplettes Gedeck“) vergnügen. Ein überzeugendes Argument anscheinend – die Werbung sprach schon bald vom „größten Tanz-Tee Berlins“. Damit auch Hotelgäste von außerhalb den Weg in die Femina fanden, hatte Hausherr Liemann zahlreiche Berliner Hotelportiers „bestochen“ – indem er ihnen Radioapparate schenkte.
Die Presse bemängelte zwar, das Interieur erinnere sehr an das Palais am Zoo, aber mit der Rohrpost, über die nur ein weiteres Berliner Ballhaus verfügte, konnte man punkten – und mit dem hydraulisch zu öffnenden Dach. Noch zehn Jahre später machte es den Texter des Programmhefts vom Mai 1939 ganz poetisch: „Das gläserne Dach öffnet sich. Zum Tanztee leuchtet ein blauer Himmel über den Tischen. Nachts schimmern die Sterne, die über den Dächern Berlins stehen, herein. – Beim Tanz überströmt das Parkett die angenehme Frische des Abends. Die Annehmlichkeit, unter freiem Himmel zu sitzen, zu plaudern, zu tanzen, verbindet sich hier in schöner, so praktischer Weise mit dem festlich-luxuriösen Rahmen der Femina.“ Die Presse attestierte den Musikkapellen „höchste Spitzenklasse“ – immerhin spielte „Tangokönig“ Juan Llossas auf („Wer seine Sorgen nicht vergessen kann, der hört sich Juan Llossas an“). In den Bars vermisste der „Berliner Herold“ allerdings „das Wichtigste: die Barfrauen. Man sollte neue Bars erst aufmachen, wenn zu ihrer Bedienung auch die nötige Anzahl hübscher und interessanter Frauen zur Verfügung steht.“
Ganz rund lief der Femina-Palast nicht. Die Betreiberfirma wechselte mehrmals, 1931 bereits wurde das Grand Café, das sich im Erdgeschoss genau unter dem Ballsaal befand, zu Willi Schaeffers „Cabaret für Alle“ umgebaut, wenig später entstanden im Untergeschoss ein Grillrestaurant und ein Bierkeller. Doch das alles half nichts. „Als gestern Abend die ‚Tischdamen’ in Nerz und Dobermann vor den Portalen der Femina vorrauschten, fanden sie die Fenster des großen Tanzpalastes erloschen. Keine Jazzsynkopen klangen durch die Nacht, die Musiker standen melancholisch mit ihrem Geigenkasten im Torgang. Femina öffnete die Türen nicht mehr, die Gläubiger hatten am Mittag alle Stühle mit dem Gerichtsvollzieher abholen lassen.“ So schrieb es die Nationalzeitung am 13. April 1933.
Erst zweieinhalb Jahre später kam wieder Leben in die Bude: Aus der Texas-Bar war eine „gemütliche“ Schoppenstube geworden, aus dem „Cabaret für Alle“ das bayerisch-deftige „Siechenbräu“. Hier sollten – um Konzessionen an den Zeitgeist waren die neuen Betreiber nicht verlegen – „abwechselnd Kapellen der Wehrmacht, der SA und SS, des NSKK und der Flieger Konzerte geben.“ Doch der Erfolg war gering, statt völkische Blasmusik zu hören wollten die Gäste der Femina Swing tanzen. Das Haus an der Nürnberger Straße entwickelte sich mit dem großen Ballsaal und seinen zahlreichen Nebenbars und -restaurants zum beliebtesten Swingpalast Berlins, hier traten Teddy Stauffer, Heinz Wehner und weitere berühmte „Kapellmeister“ mit ihren Tanzorchestern auf. Der Ballsaal wurde während des Krieges geschlossen, doch in den übrigen Lokalitäten schwofte man weiter – bis zum bitteren Ende.
Während das Vorderhaus den Krieg recht heil überstand, wurde das rückwärtige Ballhaus im Krieg schwer beschädigt, nur die Außenmauern blieben stehen. Im Erdgeschoss eröffnete im Juni 1946 das Kabarett „Ulenspiegel“, in dem Werner Finck seine Rückkehr nach Berlin und Gustaf Gründgens seine Rückkehr zum Kabarett feierten, als er die Revue „Alles Theater“ des später als „Insulaner“ legendär gewordenen Günter Neumann inszenierte. Im hochkarätigen Ensemble der zweiten Neumann-Produktion findet sich übrigens der Name einer jungen, bereits recht erfolgreichen Filmschauspielerin: Bruni Löbel, der im September 2006 verstorbenen langjährigen Großmutter in der TV-Serie „Forsthaus Falkenau“. 1948 wurde der Saal zum Kino umgebaut, 1958 wurde er zur Spielstätte des privat finanzierten „Berliner Theaters“, dessen Darstellerliste sich wie das Who is Who des deutschen Boulevardtheaters liest. Viele der alten Ufa-Stars, von Lil Dagover über Olga Tschechowa bis hin zu Grethe Weiser, aber auch Jüngere wie Günter Pfitzmann und Edith Hancke waren hier zu sehen, und der an den Kudamm-Theatern noch immer aktive Wolfgang Spier lernte auf dieser Bühne, wie man Komödien inszeniert. Für Furore sorgte 1959 der junge Klaus Kinski, als er an zehn Tagen hintereinander Villon, Rimbaud, Oscar Wilde und Gerhart Hauptmann rezitierte.
Aus der ehemaligen „Pusztastube“ im Kellergeschoss wurde 1949 die „Badewanne“. Von einer Gruppe von Malern als uriges Künstlerlokal initiiert, entwickelte sich der Kellerclub bald zu Berlins wichtigster Jazzstätte – die aber immer auch für anderen Rummel zu haben war: für Rock’n’Roll-Preistänze etwa oder Marlon-Brando-Lookalike-Wettbewerbe. Coca Cola war neben Bier das beliebteste Getränk, und unters Publikum mischten sich zahlreiche amerikanische GIs, um Größen wie Lionel Hampton, Count Basie oder Dizzie Gillespie live zu hören. In den Siebzigern schwenkte man auf Schlager und Disco um, 1978 eröffnete man als Diskothek „Sugar Shack“ noch einmal neu. Doch die Luft war raus, auch der Nachfolger „Garage“ dümpelte mehr schlecht als recht vor sich hin. Eine Tür weiter ging es dagegen erst richtig los. Mit dem New Wave Ende der Siebziger Jahre wurde der stylisch-schicke „Dschungel“ zur Szene-Diskothek schlechthin, zu einer Art Berliner Pendant zu New Yorks „Studio 54“ (in der Nürnberger Straße 53!). In ihrer Berlin-Hymne sang Annette Humpe von der Band „Ideal“ 1980: „Mal sehen, was im Dschungel läuft. /Die Musik ist heiß, das Neonlicht strahlt, /irgendjemand hat mir’n Gin bezahlt. /Die Tanzfläche kocht, hier trifft sich die Scene, /ich fühl mich gut, ich steh auf Berlin!“ Die beiden Türsteherinnen galten als die unbarmherzigsten der Stadt – angeblich ließen sie mit den Worten „Wir wollen hier keine Rambos!“ Sylvester Stallone draußen stehen. Wer einmal drinnen war, gehörte dazu und konnte mit etwas Glück Rio Reiser als DJ oder den zeitweiligen Berliner Nick Cave am Nachbartisch erleben. Frank Zappa, Mick Jagger oder David Bowie ließen nach ihren Konzerten wilde Feten steigen, Prince und Boy George verbrachten hier ihre Berliner Nächte. Mit dem Mauerfall und dem Techno geriet die In-Disko ins Abseits, 1993 musste sie schließen, und auch der Nachfolger, das Edel-Restaurant „Dschungel“, reüssierte nie wirklich. Ende der Neunziger fiel der Laden in den Dornröschenschlaf, aus dem ihn nur selten Revival-Parties aufweckten. Im alten Ballhaus war es mit dem Vergnügen schon 1973 vorbei gewesen. Der einstige Kabarett-, Kino- und Theatersaal wurde zur Personalkantine der Berliner Finanzverwaltung, die 1964 die Bürogeschosse bezogen hatte. Auch die Berliner Verwaltungsakademie unterrichtete im Haus Nürnberg. Der Saal, in dem die Finanzsenatoren ihre Pressekonferenzen gaben, ist übrigens erhalten. Er befindet sich im Obergeschoss eines zweiten rückwärtigen Bauteils. Berühmte Namen finden sich in der Senatorenliste nicht: Die größte Karriere gelang als späterem Bundeswirtschaftsminister Günter Rexroth, als letzter machte 1994 Elmar Pieroth das Licht aus.
Den Muff der jahrzehntelangen Behördennutzung und des jahrelangen Leerstands hat man dem Haus an der Nürnberger Straße inzwischen gründlich ausgetrieben. Den Charme aber hat man bewahrt. Tradition verpflichtet – und beflügelt. In den Mauern des alten Femina-Saal befindet sich nun ein moderner Veranstaltungsraum und wo die Kabarett- und Schauspielstars der Nachkriegszeit auf der Bühne standen, frühstücken die Gäste des ELLINGTON HOTELS. Nur den Paternoster, mit dem die Herren Finanzsenatoren täglich ins Büro hinauffuhren, gibt’s leider nicht mehr – die Baubehörde fand ihn zu gefährlich für einen Hotelbetrieb.