Am 19. November ist TARGET2 erfolgreich in Betrieb gegangen. Es ist das neue Zahlungssystem der Zentralbanken des Eurosystems für Großbetrags- und Eilüberweisungen. TARGET2 basiert auf einer einheitlichen Plattform für alle Teilnehmer und löst sukzessive das seit 4. Januar 1999 vom Eurosystem betriebene dezentrale TARGET-System ab.
Dieses besteht noch aus einem Verbund einzelner, unterschiedlicher nationaler Echtzeit-Bruttosysteme (so genannte RTGS-Systeme). TARGET ist das umsatzstärkste Zahlungssystem in Europa. Pro Geschäftstag werden in TARGET über 350.000 Großbetragszahlungen zwischen Banken sowie eilbedürftige Kundenzahlungen mit einem Gesamtwert von 2,4 Billionen Euro europaweit und in Sekundenschnelle ausgeführt. TARGET war Voraussetzung für die Schaffung eines integrierten Euro-Geldmarkts, der für eine reibungslose Umsetzung der europäischen Geldpolitik unabdingbar ist. Mit TARGET2 treibt das Eurosystem die Integration der Finanzinfrastruktur in Europa weiter voran.
Der erste Betriebstag von TARGET2 am 19. November verlief störungsfrei, insgesamt wurden 171.000 Zahlungen mit einem Gesamtwert von 833 Milliarden Euro abgewickelt. In der ersten Stufe nehmen an TARGET2 259 Banken aus acht Ländern teil. Weitere 13 Länder der Europäischen Union folgen in zwei Etappen bis 19. Mai 2008.
Auf einer Eurosystem-Pressekonferenz haben die Deutsche Bundesbank, Banca d’Italia und Banque de France, die TARGET2 im Auftrag des Eurosystems entwickelt haben und betreiben, sowie die Europäische Zentralbank eine insgesamt positive Bilanz der Projektumsetzung und des ersten Betriebstags gezogen.
Hans Georg Fabritius, Mitglied des Vorstands der Bundesbank, würdigte die Einführung von TARGET2 als “historisch herausragenden Schritt auf dem Weg zu einer integrierten Finanzinfrastruktur in Europa” und sagte: “Wir haben es geschafft, den bisherigen dezentralen Verbund von Zahlungssystemen in ein zentrales System mit einheitlicher technischer Plattform umzuwandeln. TARGET2 bietet harmonisierte Leistungen zu einheitlichen Preisen bei nationalen wie grenzüberschreitenden Zahlungen, und wir erwarten erhebliche Kostensenkungen bei den betreibenden Zentralbanken sowie entsprechend niedrigere Preise im europäischen Durchschnitt.“ Fabritius zufolge „ermöglicht TARGET2 ein effizienteres Liquiditätsmanagement“. Er betonte: „Die Banken werden europaweit von vielfältigen Liquiditätssteuerungsmöglichkeiten profitieren und erhalten ständig einen europaweiten Einblick in ihre ein- und ausgehenden Zahlungen, die in Warteschlangen stehen und noch nicht verrechnet wurden.“
Gertrude Tumpel-Gugerell, Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank, hob hervor: „TARGET2 wird gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Nutzer in ganz Europa schaffen und maßgeblich zur Harmonisierung und Effizienz der Geschäftspraktiken beitragen, was wiederum die Kosteneffizienz im Bereich der Nachhandels-Aktivitäten in Euro fördert.“ Tumpel-Gugerell weiter: “Wir im Eurosystem sind davon überzeugt, dass TARGET2 nicht nur den Prozess der Integration beschleunigen wird – vor allem durch eine weitere Straffung des Euro-Zahlungs- und Liquiditätsmanagements sowie der internen Geschäftsprozesse der Banken. TARGET2 dürfte vielmehr auch das Rückgrat für andere, neuere Eurosystem-Initiativen rund um die Marktintegration im Bereich der Wertpapierabwicklung, nämlich TARGET2-Securities, und der Sicherheitenverwaltung, d.h. CCBM2, bilden.“
Aufgrund der großen Bedeutung von TARGET2 für die Finanzstabilität spielt die Ausfallvorsorge eine besonders große Rolle. Ein Schlüsselelement ist die Innertages-Rotation des Betriebs zwischen der Banca d’Italia und der Bundesbank. Dazu führte Antonio Finocchiaro, Mitglied des Vorstands der Banca d’Italia, aus: „Ziel der Plattform war es, die Anforderung der Notfallvorsorge durch eine in technischer und organisatorischer Hinsicht beispiellose Struktur zu erfüllen. TARGET2 garantiert nun einen fortlaufenden Betrieb sowohl im Falle von Störungen als auch in Katastrophenfällen, die den jeweiligen Standort und/oder die gesamte Standortregion betreffen.“
TARGET2 ist das erste Projekt, das gemeinsam von drei nationalen Zentralbanken (so genannte “3ZB”) im Auftrag des gesamten Eurosystems entwickelt und umgesetzt wurde. Finocchiaro hierzu: „Der Erfolg des Projekts war möglich dank der Organisationsstrukturen, die es erlaubten, die Vision einer einheitlichen Plattform innerhalb des 3ZB-Umfelds mit einer klaren internen Trennung zwischen den Funktionen des Dienstleisters und des Systemteilnehmers in Einklang zu bringen. Etwaige Interessenkonflikte konnten so vermieden werden. Ein solcher Ansatz könnte als Modell für ähnliche Projekte wie etwa TARGET2-Securities dienen, mit dem Ziel, ein Modell der funktionalen Spezialisierung in das Eurosystem einzubringen.“
Mr Didier Bruneel, Director General der Banque de France, zum Projekt: „TARGET2 wurde über vier Jahre hinweg entwickelt. Die Projektorganisation wurde im Oktober 2003 eingerichtet. Eine der größten Herausforderungen für das Projekt lag in seinem europäischen und ‘multikulturellen’ Charakter. Auf Ebene des Eurosystems waren rund 500 Personen in das Projekt eingebunden. Im Rahmen der 3ZB und unter der Projektleitung der Banque de France waren etwa 200 Fachleute an der Entwicklung der Gemeinschaftsplattform beteiligt.“ Bruneel sagte weiter: „Von Anbeginn an beteiligte sich der europäische Bankensektor sehr engagiert und hilfreich an der Festlegung der Nutzeranforderungen für TARGET2. In diesem Zusammenhang waren Transparenz, freier Meinungsaustausch und offene Diskussionen mit den europäischen Banken von größter Bedeutung.“