Die Korrektur am US-Immobilienmarkt und die dadurch ausgelöste Liquiditätskrise werden nach Ansicht der Volkswirte von Allianz Dresdner Economic Research nur sehr begrenzte Auswirkungen auf die deutsche Konjunktur haben.
Die deutsche Wirtschaft dürfte in der zweiten Jahreshälfte 2007 bei insgesamt etwas verschlechterten Rahmendaten weiterhin moderat expandieren und auch 2008 um 2,3 % zulegen.
„Wachstumsimpulse werden 2008 nach wie vor von den Investitionen kommen. Auch der Private Verbrauch, der 2007 deutlich hinter seinen Möglichkeiten zurückgeblieben ist, wird einen entscheidenden Beitrag leisten“, sagte Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz und der Dresdner Bank. Die derzeitigen Belastungsfaktoren aus der US-Immobilienkrise und der Aufwertung des Euro werden in der Summe dazu führen, dass die deutsche Wirtschaft im kommenden Jahr etwas schwächer als bislang erwartet expandieren wird (bisherige Prognose: 2,5 %).
Der Anstieg wichtiger Rohstoffpreise und die Korrektur an den Immobilienmärkten werden die bislang sehr hohe Wachstumsdynamik der Weltwirtschaft abschwächen. In diesem Jahr ist dank der Dynamik in den Emerging Markets mit einem weltwirtschaftlichen Wachstum von 3,4 % zu rechnen. Auch 2008 dürfte die Weltwirtschaft – obwohl sich die Krise im US-Wohnungsbau noch einige Zeit fortsetzen wird – alles in allem erneut über 3 % wachsen. Für den Welthandel rechnen die Volkswirte 2008 mit einem Zuwachs von 6 bis 7 %, nach schätzungsweise 7 ½ % in diesem Jahr. Im Euroraum hat die Konjunktur an Dynamik verloren. Aufgrund der Geschehnisse seit Jahresmitte haben Allianz und Dresdner Bank ihre EWU-Wachstumsprognose für 2008 um ein Zehntel auf 2,1 % nach unten korrigiert. Die Arbeitsmarktentwicklung bleibt konjunkturstützend: Auch nach dem diesjährigen kräftigen Beschäftigungsplus von wahrscheinlich etwa 2,6 Mio. (1,8 %) dürfte der Stellenaufbau 2008 knapp 2 Mio. (1,4 %) betragen.
Der Konjunkturaufschwung setzte sich in Deutschland im ersten Halbjahr 2007 zwar fort, konnte allerdings die Dynamik des vergangenen Jahres nicht halten. „Kräftige Wachstumsimpulse gingen sowohl von den Ausrüstungsinvestitionen als auch von der Außenwirtschaft aus“, betonten die Ökonomen von Dresdner Bank und Allianz. Die Mehrwertsteuererhöhung zu Jahresbeginn führte dazu, dass der Konsum im ersten Jahresviertel stark einbrach. Eher enttäuschend verlief auch die Entwicklung bei den Bauinvestitionen. Aktuell vorliegende Konjunkturindikatoren zeichnen ein gemischtes Bild. So sind auf der einen Seite die Auftragsbücher der Industrie nach wie vor prall gefüllt, auf der anderen Seite deuten verschiedene Stimmungsindikatoren auf eine zumindest vorübergehend eher schwache Konjunkturdynamik hin.
Die Entwicklung in Deutschland im Einzelnen:
Die private Konsumnachfrage ist im ersten Quartal 2007 saisonbereinigt mit einem Minus von 1,8 % gegenüber dem Vorquartal regelrecht eingebrochen, im zweiten Quartal erholte sich der Private Verbrauch etwas. Die Voraussetzungen für eine weitere Erholung des Konsums sind gut. Die Zahl der Erwerbstätigen wird 2007 voraussichtlich um 1,6 % steigen. Nach der Verschnaufpause in diesem Jahr geht Allianz Dresdner Economic Research davon aus, dass sich der Private Verbrauch 2008 bei einem weiterhin freundlichen Arbeitsmarkt zum Wachstumstreiber der deutschen Wirtschaft entwickeln wird. Dazu sollte auch das von den Volkswirten erwartete Wachstum der Effektivverdienste um 2,7 % beitragen. Insgesamt dürfte damit der reale Private Verbrauch 2008 um 2,1 % zulegen. Das wäre der kräftigste Anstieg seit dem Boomjahr 2000.
Welche Dynamik die Erholung auf dem Arbeitsmarkt mittlerweile erreicht hat, wird deutlich, wenn man die Jahresdurchschnittswerte betrachtet: So werden im Jahresdurchschnitt 2007 mit 39,74 Mio. Menschen gut 650.000 mehr erwerbstätig sein als noch vor einem Jahr. 2008 dürfte sich der Beschäftigungsaufbau mit einem Anstieg von 0,9 % in etwas abgeschwächter Form weiter fortsetzen.
Der kräftige Aufschwung bei den Ausrüstungsinvestitionen hat sich im ersten Halbjahr 2007 fortgesetzt. Insgesamt erwarten die Ökonomen für 2007 einen Anstieg bei den Ausrüstungsinvestitionen von real 10,3 %. Im laufenden Jahr dürfte der Boom bei den Ausrüstungsinvestitionen allerdings einen vorläufigen Höhepunkt erreicht haben. 2008 dürfte das Wachstum bereits spürbar auf 5,7 % zurückgehen. Nach einem jahrelangen Prozess der Kapazitätsanpassung konnten die Bauinvestitionen 2006 erstmals seit vielen Jahren mit einem Plus von real 4,3 % substanziell zum Wirtschaftswachstum beitragen. Auch in diesem Jahr dürfte der Bau weiter zulegen, allerdings in einem moderateren Tempo.
Beim Außenhandel verläuft die Entwicklung im laufenden Jahr schwächer als noch 2006. Die Volkswirte erwarten bei den Ausfuhren ein Plus von real 6,9 %, bei den Importen dürfte der Anstieg 5,2 % betragen. 2008 wird der deutsche Außenhandel dann erneut insgesamt schwächer zulegen als in diesem Jahr. Die etwas ungünstigeren Perspektiven für die Weltwirtschaft und die damit verbundene schwächere Expansion des Welthandels sowie die über das gesamte Jahr 2008 andauernde Eurostärke wirken klar belastend. Insgesamt erwartet Allianz Dresdner Economic Research ein reales Exportwachstum von 5 %. Damit dürften die Ausfuhren schwächer wachsen als die Einfuhren, die um 5,7 % zulegen sollten. Nach einem substanziellen Wachstumsbeitrag von etwa 1 % zum Wirtschaftswachstum in diesem Jahr, dürfte er 2008 somit nahezu vernachlässigbar sein.
Im bisherigen Jahresverlauf hat sich die Inflation insgesamt moderat entwickelt. In den ersten neun Monaten legten die Verbraucherpreise gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum um 1,9 % zu. Dass die Preise insgesamt nicht deutlich stärker gestiegen sind, hängt unter anderem mit der Aufwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar zusammen. Zuletzt hat sich der Preisauftrieb vor allem wegen der hohen Öl- und Nahrungsmittelpreise jedoch spürbar beschleunigt. Im September stieg die Jahresrate auf 2,5 %. Im Jahresdurchschnitt 2007 erwarten die Volkswirte eine Inflationsrate von 2 %. 2008 dürfte die durchschnittliche Inflationsrate mit 1,7 % wieder klar unter die kritische Marke von 2 % absinken.